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Unterwegssein in Kuba – der Nahverkehr

Seit etlichen Wochen zirkulieren neue Omnibusse der chinesischen Marke Yutong durch die Straßen von Havanna und die Provinzhauptstädte. Sie erleichtern es der reisenden Bevölkerung wesentlich, zwischen den Provinzen und deren Hauptorte unterwegs zu sein.

Das kubanische Volk hat sich während des letzten Jahrzehnts einiges einfallen lassen, um die Lösung der Verkehrsprobleme selbst in die Hand zu nehmen. Dazu schöpfte es aus seinem Ideenreichtum und der oft überbordenden Kreativität, um den Auswirkungen der USA-Wirtschaftsblockade auf den öffentlichen Nahverkehr zu entkommen.

Nahverkerh in Kuba, hier der Metrobus. Foto: Marco Antonio Martinez Cabrerizo
Metrobus in Kuba. Foto: Marco Antonio Martinez Cabrerizo

Sie paarten die alternden Transportmittel mit ihren futuristischen Träumen aus der sie täglich tyrannisierenden Wirklichkeit und daraus wurden ganz neue Hybrid-Fahrzeuge geboren. Sie haben ihren Teil zur Notlösung beigetragen, was ihnen eine magische Verehrung beschert hat und dies nicht zuletzt dank der technischen Genialität in farbenprächtiger Ausführung.

Zuerst tauchten die Bicitaxis auf, Zweiräder mit einem seitlichen Sitz. Sie sind den asiatischen Taxis, wie sie in Vietnam oder Kambodscha benutzt werden, sehr ähnlich. Sie haben Nummernschilder und sind mit Musik und Lautsprechern ausgerüstet; auch unterscheiden sie sich voneinander durch die unterschiedlichsten Verzierungen. Sie bringen die Passagiere gegen ein Entgelt für den Muskeleinsatz an jede menschenmögliche Destination.

Später erstaunte das Erscheinen der Kamele, der Gelenkbusse mit enormem Passagiervolumen, die hinter gewaltig starken Lastwägen nachgeschleppt werden. Das Design dieser Vehikel weist farbenfroh auf den gewölbten Buckel der Wüstenschiffe hin. Mit der Zeit wandelte sich die Benennung Kamel zu Metro-Bus.

Aus dem Volksmund sind unzählige Witzeleien rund um diese gigantischen Volkstransporter bekannt. Sie machen ironisch darauf aufmerksam, dass die Kamele einen garantiert erfolgreichen Tummelplatz für Taschendiebe darstellen; dass jedermann dort die sensationellste Duftwolkenatmosphäre aus undefinierbaren Hitze– und Schweißausdünstungen ohne Zusatzticket geniest und, unabhängig vom Geschlecht, Alter oder Hautfarbe, extrem seltene Berührungsempfindungen wahrnehmen wird.

Total „Retro“, nämlich wie im 18. Jahrhundert, traten wieder Pferdewagen für 4 bis 20 Passagiere in das Straßenbild. Die Anzahl lebender „PS“ oder „Hafermotoren“ wurde der Anzahl der Passagiere, dem Parcours und dessen topographischen Eigenheiten angepasst. Je nach Region des Landes waren die Wagen künstlerisch bemalt und reich verziert, einige verfügten sogar über Batterien für nächtliche Beleuchtung und Grammophonmusik.

Die sehr beliebten Cocotaxis, Motorräder mit Dach in Form einer Kokosnuss blieben in ihrer Entwicklung nicht hintan. Touristen aus aller Welt benutzen sie rege dank ihrer Geschwindigkeit und Beweglichkeit im Verkehr. Daneben sind sie sehr preisgünstig und die Liebenswürdigkeit und Fahrtüchtigkeit ihrer meist jungen Fahrer beider Geschlechter ist sprichwörtlich.

Selbstverständlich fehlen die Taxis der entsprechenden Epochen nicht, alte Raritäten der 30er bis 60er Jahre der Marken Ford, Oldsmobile, Hudson, Chevrolet, DeSoto, Plymouth, Volkswagen und andere. Sie stammen hauptsächlich aus den USA und Europa. Dann existiert ebenfalls die Gesellschaft Gran Caribe, welche die Fotinguitos, die noch älter sind als die oben erwähnten Modelle, vermietet.

Ein Glücksfall zur Transportproblemlösung stellte die Lieferung von Limosinataxis, wie  Städter sie bezeichnen, dar. Es handelt sich lediglich um zwei zusammengebaute Lada, der russische Lizenz-Fiat, welcher über mehr Sitze verfügt.

In der karibischen Stadt Santiago de Cuba, im Osten des Landes, herrschen die Motorräder der Marken ETZ, Jupiter, CZ, Jaguar und Mink vor. Für 10 Pesos cubanos tragen sie auf dem kleinen Soziussitz jeden in alle Quartiere.

Trampen ist auch in Kuba an der Tagesordnung. Und nicht selten sieht man z.B. eine 80-jährige Dame oder ein Kind von 12 Jahren, die sich so weiter bewegen wollen.

Last but not least darf gesagt werden, dass die Kubaner, wenn sie sich irgendwohin begeben müssen, ihrem angeborenen Talent und Ruf, mit Charme und Sympathie zu handeln, gerecht werden. Fröhlich und lebenslustig plaudernd rempeln sie einen potentiellen Transporter an und zwar so, dass ihnen dieser zum Schluss nicht widersteht, sondern ihnen sogar gerne und lächelnd beisteht bei einer – diesmal  individuellen –  aber allen bekannten Transportproblemlösung!

Text & Fotos: Marco Antonio Martinez Cabrerizo

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