Konrad Höss rettet die Skisaison – Landwirt und Schneimeister

1. Februar 2022

So oft hat Konrad Höss selten auf den Wetterbericht gestarrt. An ihm hängt sein Job. Letztes Jahr war dieser Ende November erledigt. Er ahnte es damals nur noch nicht. Mit drei oder vier Nächten Minusgraden fing es an, dann gab er den Befehl „Wasser marsch“. Durch unterirdische Rohre rauschte es in die Lanzen und zu den Schneekanonen, zerstob zu Millionen mikrofeinen Tröpfchen und legte sich als weiße Pracht auf die gefrorenen Hänge oberhalb von Steibis. Nach sechs Novembertagen waren 17 Kilometer Abfahrten in der Skiarena Steibis-Oberstaufen präpariert. Die Skilifte am Imberg surrten. 107 Tage lang.

Landwirt und Schneimeister

Im Winter ist der Landwirt aus Steibis nämlich „Schneimeister“. Herr über 45 Schneekanonen und 50 fest installierte Schneelanzen. Mit seiner Mannschaft leistete er ganze Arbeit: Bis Ende März konnten sich im letzten Winter Skihasen und Pistenfüchse in der Skiarena Steibis-Oberstaufen austoben. Dabei war danach keine Nacht mehr kalt genug, um die Schneekanonen und Schneelanzen noch einmal zum Einsatz zu bringen.

„Wenn wir erst mal die Grundlage geschaffen haben, dann ist das Skivergnügen gesichert“, schwärmt Höss von seinem Team. Allerdings braucht es dazu einige Tage Minusgrade, die den Boden gefrieren lassen. Und auf die hoffte er in diesem November vergeblich. Die Zeit drängt: Am 19. Dezember sollen die Skilifte am Imberg die Wintersaison eröffnen. Doch ohne Frost bleibt auch Frau Holle, und bleibt selbst der findigste Schneimeister, arbeitslos.

Doch wenn es dann soweit ist, wenn die Winterluft eiskalt und trocken ist, das Wasser in den Staubecken und Rohren höchstens noch zwei Grad „warm“ ist, dann gibt Höss den Befehl „Wasser marsch“. Jede seiner mobilen Schneekanonen verteilt dann bis zu 30.000 Liter Wasser pro Stunde als kleinste Schneekügelchen auf den Hang, bis zu 25.000 Liter lassen die zwölf Meter langen Lanzen als Schnee auf die Pisten rieseln.

Schneimeister
Schneimeister Konrad Höss. Foto: pr.

Technischer Schnee

Aus 1000 Liter Wasser, also aus einem Kubikmeter, werden rund 2,5 Kubikmeter „technischer“ Schnee. Bei der Grundbeschneiung wird er mit den Pistenmaschinen zunächst zu einer etwa 30 Zentimeter starken Schneeauflage am Berg verteilt. Höss: „Technischer Schnee ist deutlich kompakter und stabiler als Naturschnee. Das schont den Boden und hält der Belastung durch Tausende Skiläufer besser stand.“ Um den gleichen Effekt zu erzielen, müssten die Pistenraupen etwa einen Meter Naturschnee verdichten.

Nach der „Grundbeschneiung“ ist die Skiarena Steibis-Oberstaufen von der Talstation der 8er-Kabinenbahn auf 920 Metern bis zur Bergstation der beheizten 6er-Sesselbahn „Fluhexpress“ auf 1400 Metern erst mal winterfest. Aber so lange das Thermometer weniger als drei Grad anzeigt, wird weiter beschneit und verteilt. Je nach Gelände ein halber bis zwei Meter hoch. Danach werden Depots am Rand der Pisten angelegt.

„Im vergangenen Winter genügten 150 Schneistunden der Schneelanzen und Schneekanonen im November, um 107 Tage Wintersport in der Skiarena zu sichern“, sagt Höss stolz. Beschneit werden darf von 1. November bis 15. März. Beschneit werden kann aber nur bei Temperaturen um oder unter dem Gefrierpunkt und geringer Luftfeuchtigkeit. Entscheidend ist dafür nicht die Großwetterlage, sondern das Oberstaufener Mikroklima. Wenn die Nächte kalt genug sind, kann tagsüber die Wintersonne scheinen soviel sie will.

Am effektivsten ist die Schneeproduktion laut Höss „ab minus 4 Grad und trockener Luft. Bei Plusgraden geht gar nichts mehr. Denn wir wollen und dürfen dem Wasser keine chemischen Stoffe zusetzen, um etwa seinen Gefrierpunkt zu verändern. Im Frühling wird der Kunstschnee schließlich wieder zu Wasser.“

Wie effizient künstliche Beschneiung ist, zeigt sich am benachbarten Skigebiet am Hochgrat: Am knapp 1800 Meter hohen Hausberg von Oberstaufen ging im letzten Winter offiziell gar nichts. Das dritte Skigebiet am Hündle in etwa 1000 Meter Höhe, brachte es mit teilweiser Beschneiung immerhin auf fast 100 Skitage.

Bayernweit können im übrigen 23 Prozent der Pisten künstlich beschneit werden, im Allgäu sind es knapp zwei Drittel, in der Skiarena Steibis-Oberstaufen nahezu 100 Prozent. „Bei uns geht von Weihnachten bis Ende März immer was“, versichert Konrad Höss. So war das in den letzten zehn Jahren, so wird es auch diesen Winter sein, ist sich der Schneimeister sicher. Und schaut auf das Thermometer. Bald könnte es kalt genug sein, um es schneien zu lassen. Und dann wird er mit seinem Team alles daran setzen, dass Skihasen und Pistenfüchse wieder bis Ende März auf bestens präparierten Pisten über weiß verschneite Hänge wedeln und boarden können.

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