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Herr Plasberg, in den deutschen Polit-Talksendungen sind Sie als männlicher Moderator mit “Hart aber fair” ein seltenes Exemplar. Sehen Sie sich selbst als Quotenmann?

Frank Plasberg: Ich bin unter den drei Sendungen “Christiansen”, “Berlin Mitte” und “Hart aber fair” der einzige Mann. Wenn man es an den Einschaltquoten misst bin ich gerne Quotenmann. Ansonsten ist es ein Nachteil, ein Mann zu sein, wenn man ein politisches Talkmagazin macht. Die meisten Gäste sind Männer. Da haben Sie oft das Problem, dass sie nur männliche Gäste haben. Wenn Frau Christiansen oder Frau Illner sich dazu setzten, ist wenigstens eine Frau präsent. Insofern ist es ein Nachteil, ein Mann zu sein.

Was macht den Reiz von “Hart aber fair” aus? Ist es das Spontane der Sendung oder sind sie vom Erfolg selbst noch immer überrascht?

Frank Plasberg

Frank Plasberg

Frank Plasberg: Erfolg kann man nicht programmieren. Natürlich bin ich immer noch angenehm überrascht. Ich habe mich über den bayrischen Fernsehpreis vor zwei Wochen sehr gefreut. Jurys sind immer auch eitel und wollen originell sein. Zu sagen, eine Sendung die Fernsehpreis, Grimme-Preis und Hajo-Friedrichs-Preis hat, der geben wir den bayrischen Fernsehpreis, das finde ich mutig. Weil sie einfach gesagt haben, die haben es verdient, wir haben in diesem Jahr nichts Besseres gesehen. Das fand ich einfach gut. Aber überrascht bin ich davon immer noch.

Bei uns gibt es formale Unterschiede zu anderen Formaten. Aber die verwischen sich immer mehr. Frau Illner macht jetzt auch Einspielfilme, und selbst bei Christiansen gibt es das jetzt ab und zu. Der Zuschauer muss entscheiden, was der Unterschied ist.

Sie gelten als jemand, der so lange nachfragt, bis eine Frage wirklich beantwortet ist. Haben Politiker Angst, zu Ihnen in die Sendung zu kommen?

Frank Plasberg: Hinterher sagen sie immer, ihr Pressesprecher hätte gesagt, sie sollen unbedingt in die Sendung gehen. Politiker selbst schauen sehr wenig Fernsehen, weil sie abends immer unterwegs sind. Die wissen Sachen oft nur aus zweiter Hand. Und da bekommen Sie eine Mischung aus  Solltest du mal hingehen, aber…’  zu hören. Und das genießen wir auch. Wir sind der Meinung, dass gute Leute mit der Aufgabe wachsen. Bei uns sehen gute Leute, die sich gut medial präsentieren können, besser aus als in ruhugeren Sendungen. Weil Sie gefordert werden.

Und es gibt auch Gäste, die einmal kommen und dann nicht wieder…

Frank Plasberg: Das gab es nur einmal in fünf Jahren. Herr Bsirske hat gesagt, er komme nie wieder. Da habe ich ihm nur gesagt, vielleicht verwechsele er die Probleme der Gewerkschaften mit denen dieser Sendung. Aber bitte. Dafür sind tapfere Stellvertreterinnen gekommen. Und Herr Bsirske kommt, glaube ich, auch noch mal. Sonst sind alle wieder gekommen.

Ist es leichter geworden, Spitzenpolitiker als Gäste zu bekommen? Der ehemalige Bundeskanzler Schröder war nie bei Ihnen zu Gast. Woran hat es gelegen?

Frank Plasberg: Der Bundeskanzler wäre im Wahlkampf sogar gekommen, aber nur unter bestimmten Bedingungen. Da haben wir gesagt, die erfüllen wir nicht. Wir machen eine ganz normale Sendung. Herrn Schröder hätten wir also haben können. Das Abzulehnen war nicht einfach. Zu so einer Entscheidung muss man sich durchringen. Aber wir verändern unser Format nicht. Das hat Christiansen gemacht, wir machen das nicht.

Wie sehen Sie ihre Rolle in der Sendung?

Frank Plasberg: Hart aber fair’. Wie der Name schon sagt. Wir hatten damals fünf Wochen Zeit, die Sendung zu entwickeln. Als wir den Namen gesucht haben, ist jemand gekommen und hat gesagt: So wie du an guten Tagen bist, hart aber fair, könnte man auch die Sendung nennen’. Das ist auch mein Lebensmotto. Ich gelte nicht als besonders freundlicher Zeitgenosse in allen Lebenslagen, um es vorsichtig zu sagen. Es gibt böse Geschichten über mich. Wenn jemand länger mit mir zusammen arbeitet und dann immer noch  sagen würde das ist ein Arsch’, das wäre für mich schlimm. Ich habe es immer erlebt, dass Leute mit vielen großen Vorbehalten in die Redaktion kamen. Wenn sie gegangen sind haben sie meistens gesagt, der ist hart aber fair. Das hat mich in meinem Berufsleben immer begleitet.

Sie haben 15 Jahre in Nordrhein-Westfalen die “Aktuelle Stunde” moderiert. Wie eng ist “Hart aber fair” mit dem Land verbunden?

Frank Plasberg: Wir hatten vorgestern in der Spitze zwei Millionen Zuschauer bundesweit. Die Hälfte davon aus NRW. Bei den Filmen bemühen wir uns, O-Ton des Landes zu sein. Wir könnten das auch in Berlin oder im Allgäu machen, aber in NRW gehen die Menschen etwas offener auf ein Mikrofon zu als in Oberschwaben.

Sie sind Journalist aus Leidenschaft. Können Sie heute junge Menschen noch ermutigen, dieses Berufsziel anzustreben?

Frank Plasberg: Eigentlich: Nein. Ich bin sowie immer pessimistisch. Aber: Es war nie leicht. Als ich 1975 mein Volontariat gemacht hab, habe ich Briefe von Chefredakteuren bekommen, da stand ich solle erst mal studieren und der Satz In einer Zeit wie der heutigen kann man es niemanden mehr raten, Journalist zu werden’. 1975 gab es eine große Pressekonzentration im Ruhrgebiet. Zeitungen machten dicht, Stellen wurden abgebaut. Das kommt einem heute sehr bekannt vor. Mein Vater hat die Briefe gelesen und gesagt, ich solle doch glauben, was das steht und etwas anderes machen. Ich hab daran nicht geglaubt. Insofern verbietet sich der Gedanke jemanden von seinem Wunsch abzuraten. Keiner weiß, was kommt. Aber wenn ich sehe, wie das Modell Zeitungen für Verleger immer Schwieriger wird, wenn es immer schwieriger wird, wirtschaftlich zu überleben, dann sehe ich schwarz. Denn qualitätsvoller Journalismus hat auch was mit Geld zu tun. Man braucht Recherchemöglichkeiten und das Bemühen nachzufragen, um nicht das erstbeste zu schreiben. Das Radio ist auch nicht mehr das Kloster für Journalisten und Fernsehen ist sowieso immer mehr Optik als Inhalt. Ich konnte mit “Hart aber fair” meine eigene Nische bauen, aber das ist ehr die Ausnahme.

Was macht einen guten Journalisten aus?

Frank Plasberg: Einfach Neugier. Man muss auch mit dreißig dem Feuerwehrwagen hinterher gucken und sich fragen, was da passiert ist. Und im Zweifelsfall anrufen und nachfragen. Diese Neugier muss man sich erhalten. Und man braucht eine robuste physische und psychische  Konstitution, die aber nicht zu einer Hornhaut wird. Mann muss im Kopf sozial empfindsam und durchlässig bleiben. Und man darf dabei nicht kaputtgehen. Eine schwierige Balance.

Ist Ihnen die Nähe zwischen Politik und Journalismus in Berlin manchmal zu groß?

Mir persönlich wäre die Nähe in Berlin zu groß. Ich möchte mir selbst dabei nicht zuschauen müssen wie ich auf diese Nähe reagiere. Die Politiker sind nett, es ist ja nicht jeder ein Unsympath, der in der Politik ist. Da ist der Durchschnitt von Menschen, die sich gerne präsentieren. In der Politik wird man keine Hinterzimmerpoeten finden. Wer öffentlich wahrgenommen werden möchte, findet sich in Politik wie im Journalismus wieder.

Ich bin kein politischer Redakteur. Das trage ich wie eine Mantra rum. Ich möchte ein neugieriger Journalist sein. Aber ich habe eben mehr politische Kunden als andere. Die technische Entfernung zwischen Köln und Berlin hilft mir also.

Hat Ihre Popularität zugenommen, seit Sie mit “Hart aber fair” auch bundesweit zu sehen sind?

Frank Plasberg:  Wenn man 15 Jahre in NRW moderiert hat, weiß man, was Fernsehprominenz ist. Es ist ein Unterschied, ob ich Kabarettist bin und die Leute mich mit Handykameras abfotografieren, oder ob man beim Joggen auf das letzte Hartz IV Thema angesprochen wird. Ich werde über Themen angesprochen. Meistens auch gelobt. Mich stört es nur, wenn mich goldbehängte Rentner mit einer Top-Ausrüstung auf Mallorca ansprechen und sagen, ich müsse den Politikern mal klar machen, wie es den Rentnern ans Eingemachte gehe. Dann muss ich mich sehr am Riemen reißen. Aber wer sich als Fernsehmann über Popularität beklagt, ist im falschen Job.

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